La Bestia

Text von Tomaso Bundi, Bilder von Salome Caminada

Information
Wanderweg gesperrt

Wegen Unterhaltsarbeiten und Holzschlag sind einige Wanderwege bis auf Weiteres gesperrt.

Die Nacht ohne Mond, sie ist ein grosser, schwerer, dunkler Mantel. Ein Mantel, der den Berninapass in Stille hüllt. Nur dann und wann ist der Wind zu hören, der zischt und jault, singt und flüstert. Es sind nur wenige Hö­ henmeter, die die Passhöhe von der Bahnstation «Ospizio Bernina» trennen. Unendlich weit entfernt voneinander scheinen sie aber in dieser Nacht zu sein. Der Schnee ist me­ terhoch, weich, und verschluckt jeden Schritt, bevor er ihn wieder träge herausspuckt. In der Dunkelheit soll «la Bestia» warten, die Bestie. Hart ist der Name für den liebevollen, stolzen, bewundernden Ton, mit dem er ausgesprochen wird. Von den Mitarbeitern der RhB, von Bahnbegeisterten, den Technikfreunden, den Staunenden, die im Winter durch die Schneelandschaft über den Berninapass fahren und dabei vielleicht einen Blick auf «la Bestia», auf eine der Berninafräsen, erhaschen. Zwei sind davon in Betrieb, achteinhalb Tonnen Schnee können sie pro Stun­ de in hohem Bogen weit schleudern, bis zu vierzig Meter, und dabei eine sechs Me­ ter breite Spur freiräumen. Die Aufrecht­ erhaltung der Bahnstrecke über den Ber­ninapass im Winter wäre ohne sie um einiges schwieriger. Licht dringt durch die Dunkelheit und weist den Weg zum Ospizio. Und irgendwann auch Stimmen. Das Klap­ pern der Schneeschaufeln. Der Tag, er beginnt am Bernina­ pass in der Nacht. Denn damit hier um sechs Uhr der erste Zug als roter Pfeil durch das verschneite Postkartenbild fahren kann, müssen die Schienen vom Schnee der Nacht befreit werden. Ein logistischer Eiertanz. «Dirigente» wird der Leiter im Bahndienst genannt. Rund 20 Arbeitskräfte sind bei viel Schneefall am Berninapass im Einsatz. Wenn um vier Uhr nachts die erste Schicht beginnt, dann und un­ unterbrochen während des ganzen Tages.